Kennen Sie das Gefühl? Sie werden im Kontakt mit bestimmten Personen vielleicht ärgerlich oder wütend, bekommen schlechtes Gewissen, fühlen sich unfair behandelt oder grundlegend missverstanden. Möglicherweise haben Sie es dann mit einem passiv aggressiven Menschen zu tun.
Dieser Artikel soll Ihnen helfen, passive Aggressivität in Zukunft klar zu erkennen. Denn passive Aggression kann unangenehm bis hin zu lebensgefährlich sein, ist aber erstaunlich wenig bekannt. Sie schädigt Beziehungen oder zerstört sie sogar. Falls Sie es mit passiv aggressiven Menschen zu tun haben, sollten Sie unbedingt lernen, dies zu erkennen und sich wirksam zu schützen. Falls Sie selbst passiv aggressiv sind, zerstört dies IHRE Beziehungen. Dann sollten Sie sich dringend psychotherapeutische Hilfe suchen.
Was offen aggressives Verhalten ist, weiß jeder: schimpfen, Vorwürfe machen, anrempeln, schreien, schlagen und die ganze Palette weiter die Eskalationsleiter hinauf. Verdeckt oder passiv aggressive Menschen hingegen verstecken ihre Aggressivität. Sie sind „hinten herum“ aggressiv.
Es sieht vielleicht so aus, als ob alle passiv aggressiven Menschen fies und gemein seien. Aber das wäre zu oberflächlich geschaut. Sie alle haben ihre Geschichte, die meist viele Verletzungen beinhaltet. Vielen von ihnen ist gar nicht bewusst, dass heute sie selbst andere verletzen. Sie brauchen vielleicht erst einmal Feedback, damit sie etwas verbessern können. Anderen ist sehr wohl bereits bewusst, dass sie verletzend sind, und es ist ihre Verantwortung, dies zu ändern.
Im Folgenden finden Sie einen bunten Mix an Beispielen passiver Aggression und Analysen der Beispiele. Gemeinsam arbeiten wir die Charakteristika passiv aggressiven Verhaltens heraus. Damit passiv Aggressive Sie künftig nicht mehr hinters Licht führen und verletzen können!
Einiges davon werden Sie vielleicht sogar schon selbst erlebt haben, ohne dass Sie es bisher hätten benennen können. Aber bald werden Sie den Durchblick haben. Also, los geht´s! Es wird spannend, das verspreche ich Ihnen.
Unangreifbar „vergesslich“
Karolin und Michael streiten. „Michael ist so unzuverlässig“, erzählt Karolin. „Wenn ich ihn bitte, etwas zu erledigen, vergisst er es hundertprozentig!“ Eigenartig: Michael ist Projektmanager, hält im Job Dutzende Bälle gleichzeitig in der Luft, ist top organisiert. Wie kommt es, dass er daheim so vergesslich ist…? Im Laufe der Paartherapie stellt sich heraus, dass Michael das Gefühl hat, dass Karolin ihn ständig herumkommandiert. Zudem – so empfindet er – kann er ihr nichts recht machen (so wie früher seiner Mutter). Diese Kombi macht ihn wütend. Nachdem er noch dazu das Gefühl hat, dass er in Auseinandersetzungen seiner Frau unterlegen ist und den Kürzeren zieht (wie logischerweise als Kind auch!), drückt er seine Wut „hinten herum“ aus, indem er – passiv aggressiv – ihre Bedürfnisse stets „vergisst“. Und er tarnt seine Aggression: „Bei dem Stress, den ich habe, werd ich doch einmal was vergessen dürfen! Da kann ich doch nix dafür!“
In passiv aggressiven Menschen kocht es…
Passiv aggressive Menschen wie Michael haben oft viele Verletzungen angesammelt und in sich hineingefressen. Häufig schon seit ihrer Kindheit oder Jugend, als sie leider keine andere Wahl hatten, als sie ausgeliefert waren, sich nicht anders helfen konnten. Vielleicht wurden sie emotional oder körperlich missbraucht und verletzt, unterdrückt, betrogen, hintergangen, vernachlässigt, traumatisiert, aufgehetzt, zurückgesetzt, abgewertet… Sicher ist eines: Sie haben es nicht leicht gehabt.
Deshalb brodelt nun in ihnen, meist ohne dass sie sich das bewusst machen, wie in einem Kelomat ein explosives Gemisch: Gefühle wie z.B. Scham, Neid, Missgunst, Angst, Feindseligkeit, Frustration, … sind oft dabei, ganz sicher aber eines: unbewusste Wut. Zur Drucksenkung müssen sie immer wieder das Ventil öffnen und siedend heiße Dampfstöße ablassen. Diese verletzen andere Menschen. Und schädigen oder zerstören so die Beziehung(en).
Aber wenn Sie sich diesen inneren Kelomat so vorstellen, merken Sie schon: Passiv aggressiv sein ist nichts, worum man diese Menschen beneiden sollte.
Passiv aggressive Personen scheuen sehr oft jede Therapie, in der sie sich ja mit ihren verleugneten Selbstanteilen, dem in ihnen kochenden Gebräu, beschäftigen müssten. Davor haben sie Angst. Michael im obigen Beispiel ist also die positive Ausnahme von der Regel, Hut ab! Und auch bei ihm sehen wir: Er hat seine Geschichte, und wir verstehen, weshalb er heute passiv aggressiv ist. ABER er übernimmt Verantwortung – er geht in Therapie, in diesem Fall in Paartherapie, um sozialverträgliches Verhalten zu lernen. Respekt! Karolin und Michael sind heute ein glückliches Paar.
Sind passiv Aggressive zu ALLEN Menschen aggressiv? Das kann, aber muss nicht sein. Mitunter lassen sie ihre verleugnete Wut auch nur an einem oder einigen wenigen Menschen aus – ein Kind von mehreren, PartnerIn, Vater und Stiefmutter, eine bestimmte Freundin, … werden zu bevorzugten Zielscheiben.
Elegant verletzen – durch NICHTS-Tun!
Passiv Aggressive verletzen andere Menschen oft durch NICHTS-Tun. Hochgradig passiv aggressiv ist es z.B., jemanden, der einem die Hand hinstreckt, einfach so stehen zu lassen. Oder jemanden, der mit einem reden möchte, beharrlich anzuschweigen. Oder das, worum der andere bittet, immer wieder zu „vergessen“, also NICHT zu machen.
Zur Spitze getrieben, könnte passive Aggressivität, könnte Nichts-Tun, sogar töten:
Gerti, deren Mann mit einer anderen durchgebrannt war, erzählt: „Ich stelle mir immer vor, dass ich in einem Boot auf dem See fahre, und dann sehe ich die andere, wie sie am Ertrinken ist. Und ich stelle mir dann vor, wie ich ihr NICHT helfe, und sie ertrinkt!!!“ Gerti könnte dann mit Recht sagen: „Ich hab ja gar nichts gemacht!“
Genau das IST bei passiver Aggression oft das Problem, in diesem Fall der unterlassenen Hilfeleistung wäre das sogar tödlich. Auch das nachfolgende Beispiel sowie auch die „Giftpillen mit rosa Zuckerglasur“, von denen Sie weiter unten lesen werden, demonstrieren die potenziell tödliche Gewalt passiver Aggression.
„Das musst du schon selber wissen!“
Karl sinkt plötzlich in sich zusammen und wird sehr traurig, als ich in der ersten Paartherapiestunde wie immer nach der Herkunftsfamilie frage. Er erzählt: „Meine Schwester… sie war immer mein bester Kumpel. Wir sind miteinander durch dick und dünn gegangen. Bis vor etwa fünf Jahren. Da hat sie plötzlich den Kontakt abgebrochen. Ohne irgendeine Begründung. Ich habe verzweifelt gefragt: `Was ist denn los?? Hab ich etwas falsch gemacht? Dich verletzt? Bitte, bitte sag es mir!´ `Das musst du schon selber wissen!´, hat sie geantwortet. Sonst nichts. Hunderte Male habe ich sie angefleht, jahrelang, mir zu sagen, was los ist, immer dieselbe Antwort: `Das musst du schon selber wissen!´ Einmal habe ich ihren Sohn, meinen Neffen, eingeladen. Er hat zugesagt, ich war glücklich. Am Vortag sagte er ab: `Ich habe mit meiner Mutter gesprochen. Nach dem, was du gemacht hast, will ich mit dir nichts zu tun haben. Ich komme nicht.´ `Was HABE ich denn gemacht?? Bittebitte sag du es mir!´ `Das musst du schon selber wissen, Karl. Adieu.´“
Eine grausame Familiendynamik. Passiv aggressiv treibt die Familie Karl in die Verzweiflung, ohne einen einzigen Finger zu rühren. Die Schwester genießt zynisch ihre Macht, sie genießt es, Karl zu quälen. Dann der Neffe ebenso. Das ist geradezu sadistisch. Die Brutalität liegt hier – wie sehr oft bei passiver Aggression – darin, dass jemand etwas NICHT tut (Karl sagen, was los ist, und ihm eine ehrliche Chance geben).
Die Familiendynamik blieb übrigens, wie sie war – Karl konnte nur einen Schlussstrich unter den Kontakt ziehen und sich schützen.
Nicht nur Verletzen durch NICHTS-Tun, sondern auch eine weitere Spezialität passiv Aggressiver (von der wir weiter unten noch mehr erfahren werden) ist in diesem Beispiel schon in besonders brutaler Ausprägung vorhanden: Anderen ein schlechtes Gewissen machen.
Aber zunächst noch zwei eindrucksvolle Beispiele für Verletzen durch NICHTS-Tun:
„Ich kann doch nicht einfach aufstehen und gehen!“
Marion ist wütend auf Bernd und sehr verletzt: Wenn sie sich ein Treffen ausmachen, versetzt Bernd sie andauernd. „Wenn wir vereinbaren, dass wir abends um 7 gemeinsam essen, koche ich, bin um 7 fertig – und wer nicht da ist, das bist garantiert du!!! Ich hasse das vergebliche Warten auf dich, du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr!! Seit Jahren geht das schon so, ich bin dir ganz offensichtlich völlig egal!!!“, Bernd kontert: „Aber ich sitze da doch mit meinen Kumpels im Wirtshaus, da kann ich doch nicht einfach aufstehen und gehen, wenn einer noch eine Runde ausgibt!“ „Und wenigstens rechtzeitig anrufen kannst du mich auch nicht??“ schießt Marion wütend zurück. „Naja, das vergess ich halt!“, sagt Bernd.
Bernd hat in seiner Herkunftsfamilie gelernt, dass ein Mann seine Frau so behandelt. Aber manchmal müssen wir als Erwachsene vieles bewusst VERlernen und ganz Neues ERlernen, um eine glückliche Beziehung führen zu können.
Werden Bernd und Marion es schaffen? Lesen Sie weiter – die beiden werden uns später noch einmal begegnen.
„Und tschüss!“
In der Paartherapie sind sehr oft Sorgen mit Kindern Thema. So auch bei Heinz und Mia.
Heinz und Mia haben Nora (die Tochter von Heinz) mit ihrem Mann Mario und ihren beiden kleinen Kindern zu einem gemeinsamen Wochenende in einer Almhütte eingeladen. (Noras Mutter hatte Noras Vater Heinz vor 20 Jahren erst betrogen und dann verlassen; Mia kam erst 10 Jahre später ins Leben von Noras Vater, sie hat mit der Trennung von Noras Eltern nichts zu tun).
Papa Heinz und seine Mia geben wie immer ihr Bestes, um es Nora und ihrer Familie schön zu machen. Es ist ein All-inclusive-Verwöhnpaket: Heinz und Mia bekochen Nora mit ihren Lieblingsspeisen. Sie betreuen die Kinder, haben einen Spaziergang mit Lamas organisiert und vieles mehr.
Das ganze Wochenende über nehmen und konsumieren Nora und Mario nur. Sie schauen zu, wie Heinz und Mia sich um sie bemühen, kochen, räumen, schleppen, aufräumen, putzen, zahlen. Alles ist selbstverständlich, wird kommentarlos geschluckt. Mitgebracht haben sie natürlich auch nichts. Am Sonntagabend dann schnallen Nora und Mario die Kinder in den Kindersitzen fest, steigen ins Auto und sagen: „Tschüss!“ Und weg sind sie. Heinz und Mia bleiben wieder einmal sprachlos zurück. Nicht einmal das einfache Wort „danke!“ haben sie diesmal über die Lippen gebracht, für ein ganzes Wochenende voller Liebe. So schlimm war es noch nie. Sie schicken Nora in der Nacht noch eine schöne Fotoserie, die sie von der kleinen Familie gemacht haben. Sie hoffen, dass Nora sich morgen früh darüber freuen wird und vielleicht doch noch etwas Liebes, Wertschätzendes zurückschreibt. Aber weit gefehlt. Die Antwort ist abermals hochgradig passiv aggressiv, nämlich schallendes Schweigen.
Generationenübergreifende Verletzungsketten
Genau wie Nora als Kind von ihrer Mutter, so werden nun auch Noras Kinder von Nora selbst schon früh in dumpfbrütender, passiv aggressiver Feindseligkeit ausgebildet: „Liebe Kinder, nehmt alle Geschenke von Opas und Mias ausgestreckten Händen, und dann spuckt drauf auf die Hände. Wir machen das auch so!“ So sieht die nonverbal verabreichte „Ausbildung“ der Kinder aus – genau wie Noras eigene Ausbildung eben.
In Therapie geht Nora, so wie die meisten passiv aggressiven Menschen, (noch?) nicht, obwohl sie seit Jahren weiß, dass sie seit früher Kindheit emotional missbraucht und gegen ihren Vater aufgehetzt wurde. Das ist traurig. Für Heinz, für Mia, aber am allermeisten für Nora selbst – und auch für ihre Kinder! Es ist eine generationenübergreifende Schmerzkette. Wie bei den meisten passiv aggressiven Menschen.
Wird Nora sich und ihre Kinder davon befreien? Es ist ihre Entscheidung. Es ist ihre Verantwortung.
Heinz und Mia beschließen jedenfalls: So darf und wird es nicht weitergehen. Sie werden Nora sagen, was sie fühlen, und ansonsten besprechen und miteinander vereinbaren, wie sie sich in Zukunft besser schützen können.
Verletzen durch Schlechtes-Gewissen-Machen
Sie haben sicher schon verstanden: Passive Aggressivität ist keineswegs harmloser als offene Aggressivität, sondern nur versteckter. Und die Strategien sind sehr vielfältig.
Eine weitere sehr verbreitete passiv aggressive Strategie ist es z.B., dem anderen ein schlechtes Gewissen zu machen:
Giftpillen mit rosa Zuckerglasur
Die 85jährige Hildegard schreibt Ihrer Tochter Mira eine Geburtstagskarte: „Liebe Mira! Ich wünsche dir von ganzem Herzen alles Liebe und Gute zum Geburtstag! Und ich verzeihe dir von Herzen auch alles, womit du mich jemals beleidigt, gekränkt und verletzt hast!“
Die gute Mama, so eine Liebe! Verzeiht großmütig und gütig ihrer Tochter (die offenbar eine Böse sein muss, bei dem Sündenregister, na bumm…!).
Aber hmmm… Moment… Irgendetwas fühlt sich da doch irgendwie komisch an…? Merken Sie es auch?
Genau. Die Botschaft ZWISCHEN den Zeilen ist sehr aggressiv, aber geschickt getarnt: „Du Rabentochter hast mich durch Viiielerlei beleidigt, gekränkt und verletzt! Das reibe ich dir hiermit nochmal kräftig unter die Nase, und noch dazu ausgerechnet an deinem Geburtstag! ICH bin aber die Gute, denn ich sage, dass ich dir verzeihe, von Herzen sogar, meine Weste ist also strahlend weiß! Und jetzt hab gefälligst ein schlechtes Gewissen wegen deiner vielen Missetaten, und bedank dich artig für meine lieben Wünsche!“
Die Strategie des Schlechtes-Gewissen-Machens ist hier deutlich erkennbar. Und Hildegard tarnt zudem ihre Aggression gar als gute Tat (Glückwünsche! Verzeihung!).
Schon seit Miras früher Kindheit geht dieser emotionale Missbrauch durch die narzisstisch gestörte Mutter Hildegard so, immer gut getarnt: Hildegard tritt Mira sozusagen unter dem Tisch, heimlich. Für Mira ist es wieder einmal eine giftige Doppel- oder Dreifachmühle: Wenn Mira gegen die scheinheilige Geburtstagskarte protestiert, hat sie den Schwarzen Peter: Die arme alte Mama erhält von ihrer Rabentochter Mira für ihre Güte nichts als Undank! Wenn sich Mira aber artig bedankt, verrät sie sich selbst und hat ebenfalls den Schwarzen Peter. Sie könnte auch schweigen – abermals Schwarzer Peter: Undankbare Tochter!
Nachdem Hildegard diese heimlichen Spielchen aber mit dem Rest der Familie nicht betreibt, hat außer Mira niemand ein Problem. Wenn Mira zu sehr gegen die unsichtbaren Tritte unterm Tisch protestiert, kann ein verletzender und belastender shitstorm die Folge sein: Böse Schwester Mira! Böse Tante Mira! Böse Schwägerin Mira! Diese Dynamik, genannt Missbrauchsdynamik, kann Menschen wie Mira in die Isolation, in die Verzweiflung und bis hin zum Suizid treiben. Narzisstisch gestörte Menschen (wie auch Hildegard) sind übrigens sehr oft passiv aggressiv und fördern oft auch derartige teuflische Familiendynamiken – nicht immer bewusst, aber gezielt.
Natürlich hat auch Hildegard eine schwere Familiengeschichte… es ist eine Kette, die über Generationen reicht. Wie oft bei narzisstischen Störungen gibt es auch in dieser Geschichte kein rührendes Happy End. Aber Mira versteht, weshalb ihre Mutter so geworden ist wie sie ist, und das hilft Mira. Sie hat akzeptiert, dass es ist wie es ist. Sie hat den Kontakt zu den Familienmitgliedern, die sie jahrelang attackiert und isoliert haben, beendet, um sich zu schützen, und sich Traumatherapie gegönnt. Sie hat losgelassen. Mira lebt ihr Leben, es geht ihr gut.
Verletzen durch Spießumdrehen
Wegen einem mickrigen Socken?!
Erinnern Sie sich noch an Bernd, der so gern im Wirtshaus sitzt und „vergisst“, wenn er mit Marion verabredet ist? Hier sind die beiden wieder, sie haben jede Menge Streitthemen. Auch dieses: Bernd übernimmt seinen gerechten Anteil an der Haushaltsarbeit nicht. Immer wieder kommt es deshalb zum Streit mit Marion, die fast alles macht. Schließlich einigen sie sich darauf, dass Bernd wenigstens die Wäsche übernimmt. Er wäscht dann. Und tut neue schwarze Socken in die weiße Wäsche. Nicht einen Socken – das könnte ein Versehen sein. Nein, fünf Stück. Grauschleier über dem Weiß. Aber Bernd wäscht gemeinsam mit den Socken auch seine passiv aggressiven Hände in Unschuld: „Na und??!“, zischt er wütend. „Ist mir halt passiert! Ich wasche, das wolltest du doch! Und jetzt machst du einen Aufstand wegen einem mickrigen Socken, du unerträgliche Nörglerin!“
Hier erkennen wir eine weitere Spezialität passiv aggressiver Menschen: Sie sind sehr gut darin, den Spieß umzudrehen. Sie begehen eine (passiv) aggressive Missetat, und wenn ihr Opfer sich dann vollkommen berechtigt beschwert, wird es abgewertet und als selbst aggressiv hingestellt (oder als überempfindlich – siehe Petra/Lisa weiter unten, oder als böse – siehe Hildegard/Mira -, oder…).
Und auch ein weiteres Charakteristikum passiv aggressiver Personen erkennen wir hier zum wiederholten Mal: Sie versuchen immer ihre Weste weiß zu waschen – und das auf Kosten ihres Gegenübers!
Bernd und Marion haben es übrigens nicht geschafft. Bernd blieb hartnäckig bei seinem passiv aggressiven Verhalten, bis Marion sich schließlich von ihm trennte.
Der „Schlachtruf“ der passiv Aggressiven: Meine Weste ist weiß!
Der Schlachtruf passiv aggressiver Menschen lautet: „Wieso?? Ich hab doch nur…!“ Oder: „Wieso?!?! Ich hab ja eh….!“ Sie sind immer unschuldig, rufen: „Ich hab gar nichts gemacht, ich bin gut!“ So wie Bernd: „Wieso?! Ich hab doch eh gewaschen!“ oder so wie Hildegard: „Ich Gute verzeihe dir deine unverzeihlichen Missetaten!“ oder wie Dora, die Sie gleich im nächsten Beispiel kennenlernen werden. Das Weißwaschen ihrer Weste, das Spieß-Umdrehen und Abwälzen (Projizieren) der Verantwortung für die eigenen Missetaten direkt auf die Opfer ist zentral im Verhalten aller passiv Aggressiven. Oft versuchen sie sogar, ihre aggressiven Akte als gute Taten zu tarnen! All das ist ihnen jedoch meist gar nicht bewusst – und falls doch, unternehmen sehr viele von ihnen nicht genug, um es zu verändern.
„Wieso?! Ich hab sie doch eh eingeladen!“
In einer Einzeltherapiestunde erzählt Marie: „Vor einiger Zeit hat mich meine Nichte Dora angerufen. Das war sehr ungewöhnlich; sonst meldet sich Dora nie bei mir. Sie hat nicht gefragt `Wie geht´s dir?´, sondern gleich: `Ich hab gehört, du bist krank, aber kannst du trotzdem bis übermorgen meine Diplomarbeit korrekturlesen?´ „Puuh…“, schnauft Marie, „da hab ich schon tief durchatmen müssen. Chuzpe! Aber ich bin gutmütig und hab trotzdem zugesagt. Ich habe Dora nur gebeten, die Arbeit fertig zu machen so gut sie kann, inklusive Rechtschreibprüfung, denn mir ging´s echt schlecht“, erzählt Marie. Dora verspricht es. Kurz darauf mailt Dora die Arbeit. „Ich hab in die Datei geschaut – und bin schlagartig wütend geworden. Denn der Text war miserabel, Kraut und Rüben à la `wo kommst du gewesen´ – ganz offensichtlich hatte Dora entgegen ihrem Versprechen nicht einmal mehr drübergelesen! Und dafür wär jetzt auch gar keine Zeit mehr gewesen!“ Marie erwägt ihre Möglichkeiten: Anrufen kann sie Dora nicht – zu wütend. Sie könnte Dora durchfallen lassen, wie diese es redlich verdient hätte. Oder aber ihr wider besseres Wissen den Arsch retten. „Mein gutmütiges Herz hat über meine Wut gesiegt“, erzählt sie, „ich hab mich für Arschretten entschieden.“ Marie arbeitet dann mit Schmerzen und Fieber einen ganzen Tag lang durch, schickt die Datei rechtzeitig retour und schreibt Dora dazu: „Das war nicht ok von dir, du hattest mir ganz was anderes versprochen. Und noch dazu, wo du wusstest, dass ich krank bin! Jetzt hab ich echt was gut bei dir!“
Und daraufhin antwortet Dora, die dank Marie ihren Abschluss schafft – gar nichts. Weder gleich noch irgendwann später.
Damit nicht genug. „Zu ihrer Sponsion hat sie mich dann demonstrativ nicht eingeladen“, erzählt Marie. Diesen weiteren passiv aggressiven Akt tarnt Dora folgendermaßen: Sie schickt die Einladung nur an Maries Mann Kurt, aber an dessen Dienstadresse, wo Marie natürlich nicht wohnt, und schreibt zudem aufs Kuvert: „Familie Kurt Mellner“. Maries Nachname ist nicht Mellner. „Mein Mann war empört“, erzählt Marie, „er hat Dora konfrontiert: `Du hast Marie nicht eingeladen, obwohl sie dir den Arsch gerettet hat!?´ Aber Dora hat nur schnippisch gesagt: `Wieso?? Ich hab sie doch eh eingeladen! Oder seid ihr denn etwa nicht eine Familie??!´“ Marie erinnert sich: „Ob dieser aggressiven Ausladung sind natürlich weder ich noch Kurt zur Sponsion gegangen. Und das hat sie uns später auch noch vorgeworfen! `Ich bin sehr gekränkt, dass ihr nicht zu meiner Sponsion gekommen seid´, hat sie gesagt. Unfassbar!“
In diesem Lehrstück sind nun wirklich alle Elemente passiver Aggression versammelt: Zuerst verdeckt aggressives Verhalten, hier mit Ausbeutung kombiniert (eine recht häufige Kombination), wenn sich dann der andere berechtigt beschwert, ihn noch schlimmer durch NICHT-Tun bestrafen (nicht einmal Danke sagen und zusätzlich demonstrativ nicht einladen), diese abermalige Aggression scheinheilig tarnen und die eigene Weste weiß waschen („Wieso?! Ich hab sie ja eh eingeladen!“), und zum Schluss auch noch den Spieß umdrehen („Ich bin so gekränkt, wie gemein von euch, dass ihr nicht zu meiner Sponsion gekommen seid! Ich bin das arme Opfer, ihr seid die Bösen!“).
Dora hat sich übrigens noch immer nicht entschlossen, sich endlich therapeutische Hilfe zu holen. Wie so viele passiv Aggressive. Wir können ihr nur wünschen, dass sie sich ihrer Verantwortung doch noch stellt. Auch und ganz besonders ihrer kleinen Kinder wegen. Und Marie, die sich leider schon oft im Leben hat ausbeuten lassen, arbeitet konsequent daran, dies nicht mehr zuzulassen, sondern immer mehr auf eine gute Balance zwischen Geben und Bekommen zu achten.
Ein Teufelskreis aus Aggression und Beschämung
Viele passiv aggressive Menschen merken sehr wohl, dass sie aggressiv und gemein zu anderen sind. Dafür schämen sie sich – zumindest ein Teil von ihnen schämt sich. Auch Dora weiß, dass sie sich falsch verhält, dass sie fies ist zu Menschen, die gut zu ihr sind. Dafür schämt sie sich, irgendwo tief in ihr drinnen. Und die Scham wird, weil sie unerträglich ist, wieder in Wut umgewandelt…
Und so steigt der Druck im Kelomat immer weiter…. und die Gefahr weiterer verletzender Dampfstöße auch. Ein Teufelskreis!
Obwohl Dora, so wie viele ihrer LeidensgenossInnen, (noch?) nicht in Therapie geht, hat sie mittlerweile zumindest schon erkannt, dass in ihrer Kindheit und Jugend sehr verletzende Dinge passiert sind, die sie so aggressiv haben werden lassen. Das ist eine Chance. Mit einer guten Psychotherapie hätte sie eine Chance zu gesunden. Es liegt in ihrer Verantwortung.
Wie gehe ich mit passiv Aggressiven um?
Schön wäre es, wenn passiv aggressive Menschen erkennen könnten, dass sie andere schlecht behandeln, und das ehrlich ändern wollten. Wenn sie sich offen eingestünden, dass sie gemein zu anderen sind, und eine Psychotherapie begännen, um ihre inneren Dynamiken zu erforschen und dann zu verändern. Aber das bleibt sehr oft eine unerfüllte Hoffnung der Menschen, die der passiven Aggression ausgesetzt sind.
Was können Sie also tun, wenn Sie erkennen, dass Sie es mit einem passiv aggressiven Menschen zu tun haben?
Sie können versuchen, das Gespräch zu suchen, Ihre Wahrnehmungen zu schildern und Ihre Gefühle auszudrücken. Vielleicht wenden Sie sich gemeinsam sogar an einen Profi wie einen Paartherapeuten. Manchmal kann es gelingen, so (wieder?) zu einem feinen Miteinander zu finden, so wie das Karolin und Michael gelungen ist.
In vielen Fällen scheuen allerdings passiv Aggressive die ehrliche Reflexion des Kelomatgebräus, das in ihnen kocht, zu sehr, weil es ihnen zu viel Angst macht. Eine wirksame Psychotherapie kostet Zeit, Geld – und Mut! So wählen viele den scheinbar billigeren Weg, nämlich nichts zu verändern und weiterhin sich selbst und andere zu verletzen.
Dann können Sie nur überlegen, wie Sie sich selbst am besten vor dem Aggrssor schützen. Sie DÜRFEN sich schützen. Immer. Sie haben dieses Recht, wer auch immer dieser Aggressor sein mag. Auch falls es ein sehr naher Verwandter sein sollte.
Sie können im Kontakt bleiben, was wahrscheinlich bedeutet, dass Sie weiter passiv aggressiv misshandelt werden, aber Sie können immer wieder klar ansprechen und sagen, was sie wahrnehmen, was Sie nicht mehr möchten und was Sie sich stattdessen wünschen.
Das kann manchmal helfen, manchmal kann es allerdings auch dazu führen, dass der Druck im Kelomat des passiv aggressiven Menschen noch weiter steigt, und dass Sie mit verstocktem Schweigen oder anderen passiv aggressiven „Dampfstößen“ weiterhin oder noch schlimmer als zuvor bestraft und verbrüht werden.
In solchen Fällen hilft dann möglicherweise nur noch eines – den Kontakt zu meiden, so gut es eben geht, oder auch den Kontakt vollständig zu beenden.
Vielleicht möchten Sie sich eine gute Therapie gönnen, um ihre schmerzhaften Erfahrungen veranbeiten und heilen zu können. Ich empfehle körperorientierte Therapie wie z.B. Somatic Experiencing oder andere körperorientierte Methoden, aber jede Psychotherapie ist bestimmt ein guter Schritt in Richtung Selbstfürsorge.
Mir schwant, ich bin vielleicht selbst passiv aggressiv…?
Wenn Sie nach dem Lesen dieses Artikels das Gefühl haben, dass Sie vielleicht selbst passiv aggressiv sind, dann möchte ich Ihnen meine Hochachtung ausdrücken. Schon allein dafür, dass Sie diese Möglichkeit reflektieren. Hut ab!
Ihre Erkenntnis ist schon der erste, mutige Schritt zur Besserung. Eine Erkenntnis im Kopf reicht allerdings noch nicht aus, um im Körper, also innen im Kochtopf, schon etwas an der dort kochenden Mischung zu verändern. Wenn Sie wirklich etwas ändern wollen, Ihre Beziehungen zu anderen Menschen heilen und Ihr (latent) schlechtes Gewissen in Selbstbewusstsein und Stolz auf sich selbst umwandeln möchten, dann holen Sie sich unbedingt Unterstützung von außen. Sonst kochen Sie weiter (oder bald wieder) im alten Saft und verletzen weiter sich und andere.
Ich empfehle, gönnen Sie sich eine gute Therapie, ich empfehle Ihnen die rundum wohltuende Methode Somatic Experiencing oder eine andere Therapie, bei der nicht nur geredet wird. Denn unsere alten Gefühle sitzen uns sozusagen in den Knochen, mit Gedanken und Reden allein kommt man da nicht dran. Deshalb ist es essenziell, beim Heilungsprozess nicht nur „drüber zu reden“, sondern unter Einbeziehung des Körpers und des ganzen Erlebens wirksame Heilung ganz innen, an der Wurzel Ihrer alten Verletzungen (die ja letztendlich die Ursache jeder passiven Aggression sind), zu bewirken.
Hilfe finden Sie – unter anderem – hier: www.somaticexperiencing.at
Wenn Sie keine körperorientierte Therapie machen möchten, dann ist ganz bestimmt jede Psychotherapie schon ein guter Schritt in die richtige Richtung.
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Falls Sie noch zwei „saftige“ Beispiele passiver Aggression lesen möchten, lesen Sie gern weiter.
Unehrlich „ehrlich“
Petra und Lisa sind seit Jahren eng befreundet. Aber in letzter Zeit stimmt etwas nicht: Von Petra kommt gar nichts mehr. Und wann immer Lisa etwas vorschlägt, sagt Petra ganz höflich: „Danke für die Einladung, aber NEIN danke!“ Mit der Zeit wird es schmerzhaft für Lisa – Nadelstich um Nadelstich.
Folgendes geht – höflich getarnt – vor: Petra kündigt Lisa die Freundschaft auf, aber ihr ist gar nicht bewusst, dass oder gar warum sie das tut. Sie weiß nichts, was sie an Lisa stört. Sie ist stark passiv aggressiv – und will keine Ahnung davon haben. Ihre Motive scheuen nämlich alle das Tageslicht. Vielleicht ist es Neid auf all das Gute, das Lisa in ihrem Leben hat? Missgunst? Eifersucht? Eine verleugnete Wut auf jeden Fall. Vielleicht rührt sie daher, dass Petras Familie Petra sehr schlecht behandelt hat und weiterhin behandelt? Möglich, vielleicht hat sie auch andere Ursachen. Petra will sich ihren verleugneten Gefühlen jedenfalls nicht stellen – die beißen sich nämlich allesamt gewaltig mit ihrem Selbstbild: „ICH und Wut? Ich und Neid? Niemals!“
Mit Hilfe der „höflichen“ abweisenden Nadelstiche kann Petra elegant eine ganze Menge unbewusster Aggressionen an Lisa auslassen und abbauen. Bis Lisa schließlich sagt: „Was ist eigentlich los? Lass uns bitte reden. Ich bin sehr verletzt. Deine ständigen Ablehnungen tun mir weh! Dazu kommt: Wenn ich mir etwas wünsche, machst du das sicher NICHT. Dafür machst du genau das, was ich ausdrücklich NICHT will! Und sagst dann auch noch, das sei nett von dir gewesen, du hättest mir damit nur helfen wollen! Lisa erzählt Petra die Schmerzen, die Petra ihr zufügt. Aber Petra sagt: „Ich weiß von nichts, wir haben uns halt auseinandergelebt, bist DU aber (über)empfindlich!! Aber gut – ich werde darüber nachdenken und mich bei dir melden.“
Einige Tage später klingelt mitten in einem Meeting tatsächlich Lisas Telefon – es ist Petra! Seit sehr langer Zeit hatte Petra Lisa nicht mehr angerufen. Aber offenbar hält sie ihr Wort, und Lisa freut sich. „Ich kann grad nicht abheben“ schreibt sie an Petra, „aber ich rufe dich dann gleich zurück. Smilie!“ Petra antwortet nichts. Sobald Lisa kann, ruft sie Petra zurück. Und bekommt live eine schallende passiv aggressive Ohrfeige verabreicht: „Oh, ich bin ehrlich“, sagt Petra, „es war nur ein Hosentaschenanruf! Ich bin ehrlich, ich bin einfach nur ehrlich! Ich meld mich ein anderes Mal.“ Das mit dem angeblichen Hosentaschenanruf hatte Petra Lisa natürlich nicht einfach gesimst, sondern sie ließ Lisa zurückrufen, denn sie wollte schon gern live „dabeisein“, wenn die Ohrfeige auf Lisas Wange landete. Danach meldet Petra sich (natürlich), ihrem Versprechen zum Trotz, nie wieder bei Lisa.
„Ich bin ehrlich“, hatte Petra, gleich dreimal hintereinander, ausgerufen (Sie erkennen wahrscheinlich schon, was das ist? Ja, genau: Weste-Weißwaschen). Ehrlich ist Petra jedoch bestimmt nicht. Auch zu sich selbst nicht. „Du bist überempfindlich“, auch das erkennen Sie bestimmt schon – es ist die bei passiv Aggressiven beliebte Strategie des Spießumdrehens: „DU selbst bist es, mit der etwas nicht stimmt!“, sagt Petra damit, natürlich hinten herum. Und Petra macht NICHT, was immer Lisa sich von ihr wünscht, aber was Lisa NICHT will, das tut Petra, und behauptet dann, sie habe Lisa nur helfen wollen. Erkennen Sie es? Es ist die passiv aggressive Taktik, Aggression gar als gute Tat zu tarnen. In Therapie geht Petra natürlich (noch?) nicht, so wie die meisten passiv aggressiven Menschen.
Lisa gibt nach einem weiteren, ebenso wirkungslosen Gespräch endgültig auf, um sich zu schützen, und die früher enge Freundschaft stirbt eines erbärmlichen Todes.
„Ich hätt dein Geld eh nicht gebraucht!“
Gerlinde erzählt: „Mein Sohn Philipp war erst 24, aber dennoch hatte er sich in den Kopf gesetzt, ein eigenes Einfamilienhaus haben zu wollen. Er hatte nur ein kleines Sümmchen gespart, das vielleicht für einen Garagenplatz irgendwo gereicht hätte, aber sicher für kein Haus. Er hat dann bei mehreren Banken angefragt, aber von keiner Bank auch nur einen einzigen Cent Kredit bekommen.
Ich habe mein Leben lang hart gearbeitet und gut verdient und habe mich entschlossen, ihm zu helfen. Ich habe ihm mehr als das halbe Haus einfach geschenkt. Zusätzlich habe ich der Bank schriftlich garantiert, dass ich ihm monatlich mehrere hundert Euro überweisen werde, und das mehrere Jahre lang. Erst dann bekam Philipp einen Kredit für die überschaubare Restsumme.
So kam mein sehr junger Sohn nur dank mir zu einem Einfamilienhaus mit Garten. Bedankt hat er sich nicht groß, einmal danke gesagt, das war´s. Das war ja alles noch irgendwie erträglich, aber kürzlich hat er gesagt: `Wenn du mir das Geld nicht gegeben hättest, hätte ich mir halt gemeinsam mit meiner Frau ein Reihenhaus gekauft!´ Was?? Ja womit denn?? Seine Frau war arbeitslos und hatte noch dazu schon einen Autokredit laufen, sie hatte keinen Cent! Philipp redet sich aber trotz allem tatsächlich ein, er hätte mein Geld gar nicht gebraucht. Er belügt sich selbst, nur um mir nicht dankbar sein zu müssen! Das ist schon…“ Sie schüttelt den Kopf.
Philipp ist passiv aggressiv. Wieder die Kombination aus Ausnutzen und dann das, was anständig wäre (Dankbarkeit, Wertschätzung), NICHT Geben. In Therapie geht Philipp natürlich, wie die meisten passiv aggressiven Menschen, (noch?) nicht. Das ist besonders traurig, da es auch Philipp glücklich machen würde, wenn er lernen könnte, Wertschätzung zu empfinden und auszudrücken. Dann würde er spüren: Ich bin meiner Mama sehr wichtig! Und das wäre heilsam für ihn.